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von Andrea Schilling
In Sachen Brot regiert hierzulande zunächst die Vielfalt: Das Deutsche Museum für Brotkultur in Ulm kennt in Deutschland unglaubliche 300 verschiedene Sorten. Und tatsächlich gehört Brot als Getreideprodukt bei uns zu den wichtigsten und beliebtesten Nahrungsmitteln.
Im europäischen Durchschnitt haben die Deutschen deshalb mit einem Verbrauch von circa 80 kg Brot pro Kopf und Jahr sogar ganz klar die Nase vorn. Doch auch weltweit steigt die Nachfrage nach Getreide und Getreideprodukten.
Gemeinsam mit anderen Faktoren wirkt sich diese Entwicklung auf die Brotpreise in Deutschland aus: Sie steigen, wenn auch in Maßen.
Über 7 Milliarden Menschen leben auf der Erde, und täglich werden es mehr. Die wachsende Weltbevölkerung an sich bedingt weltweit bereits eine höhere Nachfrage nach Getreide. Und zwar nicht nur als Grundnahrungsmittel etwa zur Herstellung von Brot, sondern auch als Futtermittel für Tiere und als Rohstoff für Kraftstoffe.
Missernten und Dürren – wie im Jahr 2012 in Russland – verknappen jedoch gleichzeitig das Angebot. Zudem werden Felder immer öfter für den subventionierten Anbau von schnell nachwachsenden Energiepflanzen genutzt und nicht für den Getreideanbau.
In der Folge gibt es immer weniger Getreide für immer mehr Menschen, und die Getreidepreise auf den internationalen Märkten steigen. Rohstoffspekulanten verstärken diesen Trend zusätzlich. Und obwohl deutsche Mühlen ihr Getreide zu 95 Prozent aus dem Inland beziehen, wird der Preis dafür von den internationalen Märkten bestimmt.
Die weltgrößte Getreidebörse befindet sich in Chicago, USA. Dort wurde am 13. März 1851 der erste Börsenkontrakt über Getreide gehandelt, der Eingang in ein Lehrbuch gefunden hat.
Folgende Situation ist überliefert: Jemand sagte: „Ja, ich weiß, wir haben erst März und es ist kalt, aber im kommenden Juni liefere ich Ihnen 3.000 Scheffel Mais für einen Penny weniger, als Sie heute dafür bezahlen müssten. Deal?“ (Quelle: Futures, Börsenbuchverlag 2013)
Ein flüssiger Handel findet statt, wenn sich an dem Geschäft Spekulanten mit eigenem Geld beteiligen. Dies tun sie in der Hoffnung auf Gewinne. Da es sich um ein Nullsummenspiel handelt, sind die Gewinne des einen die Verluste des anderen.
Erst ab den 1990er Jahren hat die Finanzindustrie „Finanzprodukte“ erfunden, die auf diesen Getreidehandel aufsetzen und nicht gesellschaftsdienlich sind. Diese stehen immer wieder in der Kritik.
Im deutschsprachigen Raum wird Getreide an den Börsen in Hamburg, Wien und Luzern gehandelt – jedoch lange nicht mehr so intensiv wie Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Neben dem Börsenhandel gibt es feste Abnehmer- und Lieferverträge, die sich mit abnehmender Anzahl an Mühlen, Landwirten und Bäckereien bei gleichzeitiger Vergrößerung der übrig gebliebenen Mühlen, Agrarbetriebe und Bäckereien immer mehr durchsetzen.
Wer hier ein Brot kauft, zahlt aber nicht nur den Preis für das darin enthaltene Getreide: Tatsächlich entfallen auf die verwendeten Rohstoffe – im Wesentlichen das Getreide – nur circa 25 % des Brotpreises.
Viel stärker ins Gewicht fallen bei den hiesigen Bäckereibetrieben die Nebenkosten für Energie und Personal. Logistik, Miete und Energie sind mit einem Anteil von ebenfalls etwa 25 % im Gesamtpreis eines Brotes enthalten und werden stetig teurer.
Die Personalkosten schlagen sogar mit 50 % zu Buche. Und auch diese steigen: Etwa durch Tarifabschlüsse in der Backbranche mit Lohnerhöhungen von 3-4 %.
Höhere Kosten beim Rohstoffeinkauf und steigende Nebenkosten können auf Dauer von den Mühlen und Bäckereibetrieben kaum aufgefangen werden.
Dennoch müssen sich Preiserhöhungen für Brot und andere Getreideerzeugnisse am Markt erst durchsetzen, denn auch in Sachen Brotpreis regiert hierzulande die Vielfalt: Kleine Bäckereien konkurrieren mit Großbäckereien und den Backshops der großen Discounter.
Was für den kleinen Bäcker von nebenan schlecht ist, ist für den Verbraucher aber zumindest besser: Denn die Brotpreise werden – wenn überhaupt – nur sehr moderat steigen.
Unsere Grafiken über die Entwicklung des Brotpreises können Sie gerne mit dem ausgewiesenen HTLM-Code in Ihre Websites oder Blogs einbauen.
Bitte beachten Sie unbedingt den Hinweis und die Fairness-Regel auf dieser Seite: Bedingung für die Einbindung.
Welche Produktkategorie interessiert Sie noch? Schreiben Sie uns. Vielleicht beleuchten wir demnächst „Ihre“ Branche unter dem Blickwinkel der Inflation und stellen dementsprechend Charts zur Verfügung.
P.S.: Die Brot- und Getreidepreise gehen mit 1,6 % in die gesamte Inflationsberechnung des Statistischen Bundesamts ein. Fleisch und Fleischwaren mit 2,2 %.